Präzise, schnell und hochwertig
Mit dem Schleudergussverfahren werden hauptsächlich rotationssymmetrische Produkte wie Buchsen, Rohre oder Ringe hergestellt. Bei diesem Verfahren wird das flüssige Metall in eine rotierende Kokille gegossen. Durch die Wirkung der Zentrifugalkraft erfolgt die Innenformgebung des Teils und eine Verdichtung des Gefüges. Dadurch weisen Schleudergussteile eine höhere Festigkeit auf als Sandgussteile.
Eine Variante ist das Gießen von nicht-rotationssymmetrischen Teilen in Formen, die während des Gießvorgangs gedreht werden. Diese Drehung ermöglicht ein besseres Ausfließen und die Abbildung feiner Details.
Die Anwendungsmöglichkeiten und auch die Vorteile des Verfahrens, wie eine höhere Gefügedichte und Festigkeit als bei Schwerkraftguss und eine geringe Fehleranfälligkeit, sind vielfältig. Aus diesem Grund kommt der Schleuderguss häufig zur Anwendung.
Schleudergussverfahren im Detail
Beim Schleudergussverfahren wird der Stahl durch die Schleuderachse in eine Kokille gegossen, die rotiert. Durch die bis zu 120-fache Erdbeschleunigung erstarrt der Stahl, es entsteht ein besonders reines und dichtes Gefüge. Gaseinschlüsse und Unreinheiten werden an die Oberfläche getrieben, sodass sie während der anschließenden Bearbeitung abgetragen werden können. Aus diesem Grund besitzen die produzierten Teile ausgezeichnete technologische Eigenschaften.
Horizontalguss für bessere Eigenschaften
Der Horizontalguss führt zu besseren Eigenschaften wie homogenes Gefüge mit einem isotropem Verhalten, hervorragende Zerspanbarkeit und eine geringe Eigenspannung. Bei diesem Verfahren wird die Schmelze in eine liegende Kokille (häufig aus Stahl oder Gusseisen) eingegossen, die vorn und hinten mit Deckeln verschlossen ist. Häufig wird die Kokille mit einer Schutzschicht aus Keramik (Schlichte) ausgekleidet.
Bei besonders langen Gussstücken oder beim kontinuierlichen Schleuderguss kann beim Horizontalguss die Gießrinne während des Gießverfahrens verschoben werden. Dadurch sind glatte Außenkonturen, angegossene Bunde, leicht konische Konturen oder Absätze möglich. Durch die Zentrifugalkraft ist die Innenoberfläche zylindrisch glatt.
Die Abmessungen der gegossenen Teile hängen stark vom Material und anderen technischen Einschränkungen ab. Mit dem Verfahren sind Innendurchmesser ab 20 mm, häufig jedoch erst ab 40 mm wirtschaftlich. Dabei sollte die Wandstärke nicht größer als der Innendurchmesser sein. Das hängt allerdings vom Werkstoff ab.
Der Außendurchmesser ist beinahe unbeschränkt, wird in der Praxis aber oft auf 1200 mm begrenzt. Die Länge der Horizontalgussteile richtet sich nach dem Innendurchmesser und dem Werkstoff und liegt zwischen 1,5xd und max. sechs Metern.
Vertikalguss – zeit- und kostensparende Möglichkeit zur Modellgussherstellung
Der Vertikalguss wird hauptsächlich für kugelförmige oder konische Außenkonturen eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird die Schmelze in eine Kokille gegossen, deren Achse vertikal rotiert. Die Umdrehungsgeschwindigkeit ist dabei deutlich langsamer als beim Horizontalguss. Durch die Kombination von Schwerkraft und Zentrifugalkraft bildet sich an der Innenoberfläche eine Parabel aus, die über die Drehzahl justiert werden kann. Auch die Innenkontur kann über das Gießgewicht gesteuert werden.
Verbundguss – Gussverfahren mit unterschiedlichen Guss-Werkstoffen
Beim Verbundguss werden, während des Erstarrungsvorgangs, mehrere Schichten Guss-Werkstoffe übereinander gegossen. Im Horizontalguss vorgenommen, können so Produkte erzeugt werden, die die Eigenschaften verschiedener Stähle kombinieren. Dadurch kann der Übergang der Werkstoffe in feinen Abstufungen erfolgen. Nachteilig ist die Auflegierung des Innenwerkstoffs beim Einguss mit dem restlichen, flüssigen Material des Außenwerkstoffs. Dadurch ist die Möglichkeit der Werkstoffkombination begrenzt. Ein Vorteil ist die deutlich höhere Produktivität und die größeren Wandstärken der Außenschicht.
Schleudergussrohre für den Einsatz bei hohen Temperaturen
Spezielle Rohre werden in der Petrochemie ebenso eingesetzt wie in der Wärmebehandlungs- und Stahlindustrie. Sie besitzen – im Vergleich zum geschmiedeten Rohr – bessere Eigenschaften bei höheren Temperaturen.
Beim Gießverfahren für Schleudergussrohre ist es möglich, einen höheren Kohlenstoffgehalt einzubringen, wodurch ein gröberes Korn entsteht. Dadurch werden höhere Werte für die Streckgrenze und Festigkeit erreicht. Aus diesen Gründen werden Schleudergussrohre für die Verwendung bei hohen Temperaturen bevorzugt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass sich Verunreinigungen durch die Zentrifugalkräfte an der Innenseite der Rohrinnenseite ablagern. Es entsteht dadurch eine homogene Qualität und gleichmäßige Struktur in der Rohrwand. Bei Bedarf können zur Beseitigung der Verunreinigungen die Schleudergussrohre im Innendurchmesser gebohrt werden.
Schleuderguss mit Edelstahl
Prinzipiell lässt sich alles aus Edelstahl mit dem Schleuderguss-Verfahren herstellen. Voraussetzung ist, dass das zu produzierende Teil ein Loch in der Mitte hat.
Kunststoff für dickwandige Kunststofffiguren
Schleuderguss wird auch für die Herstellung dickwandiger Kunststofffiguren angewendet. Diese Fertigungsverfahren sind auch für kleinere Losgrößen geeignet.
Anwendung in der Zahntechnik für Formabbildungen
Der Schleuderguss hat sich auch in der Zahntechnik etabliert. Das Verfahren ermöglicht das Vergießen und eine Formabbildung bei kleineren Legierungsmengen.
Hier macht sich das Verfahren die Fliehkraft zunutze, die durch die Masse der Legierung, den Radius des Schleuderarms und durch die Umdrehungszahl pro Minute. Im Normalfall sind die Umdrehungszahl und der Radius des Schleuderarms durch die Konstruktion der Gießgeräte oft vorbestimmt, d. h. dass der Zahntechniker die Fliehkraft bzw. die Formabbildung nur durch die Menge der verwendeten Legierung beeinflussen kann – ein Nachteil des Schleudergusses.
Verwendung von Bronze
Auch Gussteile aus Bronze sind möglich. Die wichtigsten Produkte sind hier Ringe, Zahnräder, Buchen und Untersetzungsgetriebe. Sie überzeugen vor allem durch eine geringere Porosität, kleinere Korngröße (-> gleichmäßigeres Verhältnis zwischen Duktilität und Zähigkeit im Material) und Reinheit.
Weitere Werkstoffe / Materialien im Überblick
- E-Cu – Leitkupfer
- Zinnbronzen (CuSn10, CuSN12, CuSn10Pb10, RG5, RG7, …)
- Aluminiumbronzen (CuAl10Fe5Ni5, CuAl9Fe3, …)
- Messinge (CuZn25Al5Mn4Fe3, CuZn34Mn3Al2Fe1, …
- Gusseisen mit Lamellengrafit
- Sphäroguss (Gusseisen mit Kugelgraphit)
- Austenitisches Gusseisen mit Lamellengraphit
- Austenitisches Gusseisen mit Kugelgraphit
- Verbund-Hartguss
- Legierte Gusseisenwerkstoffe
- Edelstahl
- Kunststoff
Einige Anwendungen des Verfahrens
Teile, die durch dieses Gussverfahren entstanden sind, kommen für viele Anwendungen zum Einsatz:
- als Dekanter in der pharmazeutischen, biotechnischen und Lebensmittelindustrie, zur Klärschlamm- und Lackschlammbehandlung, Kunststoffrecycling und Kühlemulsionsaufbereitung (mögliche Bauteile: Stirnwände, Dichtungsträger, konische und zylindrische Trommelmäntel, Schneckenkörper, Rohre, Dichtungsdeckel, Schneckenkörperteile)
- als Ventilsitzringe im Ein- und Auslassbereich für Großdieselmotoren für Schiffe und stationäre Stromgeneratoren (mögliche Bauteile: Einlassventil- und Auslassventilsitzringe)
- in Stranggießanlagen für Vorblock-, Brammen-, Knüppel- und Beam-Blankanlagen (mögliche Bauteile: Strangführungsrollen für alle Segmente der Stranggießanlagen)
- zur Herstellung von Kanalrohren aus Beton
Vor- und Nachteile
Vorteile
- feinkörniges und homogenes Gefüge ohne Unreinheiten und Fremdeinschlüssen
- hohe physikalische Eigenschaften
- kostengünstige Herstellung dickwandiger, zylindrischer Gussrohlinge
- sehr hohe Qualität
- keine Kerne nötig
- geringe Fehleranfälligkeit
Nachteile
- nur rotationssymmetrische Bauteile möglich
- Entmischung des Werkstoffes durch die unterschiedliche Dichte der Legierungen möglich
Fazit
Wer ein Gussverfahren zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkstoffe sucht, das zudem sehr wirtschaftlich ist und kleine Losgrößen erlaubt, ist mit dem Schleuderguss gut beraten. Bei diesem Verfahren sind glatte Oberflächen, regelmäßige Außenkonturen, eine höhere Gefügedichte, Festigkeit und eine geringe Fehleranfälligkeit kein Problem. Das Verfahren empfiehlt sich ebenfalls, wenn mehrere Gusswerkstoffe miteinander verbunden werden sollen, ohne dass auffällige Abstufungen entstehen.
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