Das Spritzgussverfahren ist ein Verfahren, das eine nahezu freie Wahl von Oberflächenstruktur, Form, Farbe und Muster des zu fertigenden Teils erlaubt. Diese Vielseitigkeit macht das Spritzgussverfahren zum am häufigsten verwendeten Verfahren in der Herstellung von Kunststoffteilen in großen Serien.
Mit nur einem einzigen Spritzgusswerkzeug lassen sich Millionen von Formteilen herstellen – ohne Qualitätsverluste. Der Nachteil: Werden nur Prototypen benötigt oder kleine Serien produziert, ist das Spritzgussverfahren aufgrund der hohen Kosten für das Spritzgusswerkzeug teuer. Ursache ist die extrem präzise Fertigung der Negativformen. Darüber hinaus sind diese Formen einer hohen thermischen und mechanischen Belastung ausgesetzt. Auch die Entwicklung der Formen ist sehr hoch. Aufgrund der Komplexität der Bauteilgeometrie sowie der Vielfalt der Materialien und Spritzgießverfahren können Wirkungen eintreten, die die Gebrauchsfertigkeit des Formteils erheblich beeinträchtigen. Sobald eine Form verändert wird, muss das neue Werkzeug neu konstruiert und produziert werden.
Spritzgussverfahren kurz erklärt
Das Spritzgussverfahren läuft in sechs Schritten ab: Plastifizieren, Dosieren, Einspritzen und Nachdrücken, Abkühlen/Aushärten sowie Entformen. Im ersten Schritt (Plastifizieren) gelangt der Kunststoff vom Fülltrichter in den Raum zwischen Schnecke und Zylindermantel. Aufgrund des Schneckenantriebs beginnt die Schnecke zu rotieren, wodurch die Formmasse transportiert, aufgeschmolzen und plastifiziert wird.
Für die Dosierung zur Herstellung der Form befördert die Schnecke die Masse durch die rotierende Bewegung an die Schneckenspitze. Dieser Vorgang geschieht so lange bis sich dort das Massevolumen befindet, das für die Fertigung benötigt wird.
Danach wird die Spritzeinheit gegen das geschlossene Werkzeug bewegt bis die Düse an der Angussbuchse anliegt. Die Schnecke bewegt sich nun axial nach vorn und startet den Einspritzvorgang. Bis die Masse am Anschnitt erkaltet ist, wird die Masse kontinuierlich nachgedrückt. So wird die Schwindung des Materials beim Aushärten ausgeglichen. Zur selben Zeit rotiert die Schnecke rückwärts.
Nach der Abschaltung des Nachdrucks beginnt die Kühlzeit, in der die Dosierung reduziert und das Rohmaterial in den nächsten Spritzzyklus befördert wird. Das Werkzeug öffnet sich sobald das Formteil ausgehärtet ist. Mithilfe des Auswerfsystems wird das Formteil entformt.
Sobald das Werkzeug geschlossen ist, fährt das Spritzgießaggregat wieder an die Angussbuchse des Werkzeugs. Der nächste Füllvorgang startet.
Spritzgussmaschinen – maßgeschneiderte Formteile
Für das Spritzgussverfahren werden Spritzgussmaschinen verwendet, mit deren Hilfe hergestellte Formen auch nachbearbeitet, für weitere Verfahrensschritte vorbereitet oder montiert werden können. Heute kommen fast nur noch Schnecken-Spritzgießmaschinen zum Einsatz. Bei diesen Maschinen handelt es sich um Einkomponentenmaschinen für eine spezielle Kunststoffart oder Zweikomponentenmaschinen für mehrere Kunststoffarten. Zweikomponentenmaschinen sind in der Lage, bereits während der Herstellung Kunststoffe in einem einzigen Arbeitsgang miteinander zu verbinden. Grundsätzlich bestehen Spritzgussmaschinen jedoch aus drei Baueinheiten:
- Spritzeinheit (Plastifiziereinheit) zur Aufbereitung des Rohmaterials und dem Einspritzen unter Druck in das Formwerkzeug.
Diese Einheit besteht aus einem waagerecht angebrachten Zylinder mit einer darin befestigten rotierenden Schnecke. Am eine Ende des Zylinders befindet sich eine verschließbare Düse, durch die der flüssige Kunststoff in die Schließeinheit gespritzt wird. Am anderen Ende befindet sich ein Einfülltrichter für Kunststoffgranulat. - Schließeinheit Sie enthält das Formwerkzeug, das sie öffnet, schließt und das fertige Werkstück auswirft. Dabei bestimmt der Hohlraum des Werkzeugs nicht nur die Form, sondern auch die Oberflächenstruktur des zu fertigenden Teils.
Die Schließeinheit besteht aus einer unbeweglichen, der Düse zugewandten Seite und einer beweglichen Auswurfseite, die hydraulisch oder elektromechanisch auf die Düsenseite gedrückt bzw. am Ende des Verfahrens von ihr wegbewegt wird. - Maschinenbett zur Führung von Spritzeinheit und Schließeinheit
Spritzgusswerkzeug-Arten: Hard Tooling
Verschiedene Spritzgussverfahren erfordern unterschiedliche Werkzeugtypen. Diese Differenzierung ist wichtig, um korrekte Werkzeugteile zu erhalten. Soft-Tooling und Hard-Tooling gehören zu den gängigen Werkzeugarten des Spritzgussverfahrens. Aber auch der 3D-Druck findet immer häufiger Anwendung.
Soft-Tooling wird eingesetzt, wenn nur kleine Serien gegossen werden (1-100). Aus Aluminium gefertigt, sind diese bereits nach zwei bis sechs Wochen einsetzbar. Diese Werkzeuge bestehen aus Aluminium und kosten (inkl. Entwicklung und Produktionskosten) zwischen 2.500 Euro bis 25.000 Euro. Soft-Tooling eignen sich vor allem dann, wenn aus einem Prototypen eine Serie gegossen werden soll. Mit ihnen lassen sich marktfähige Formteile für Funktionstests herstellen oder die Anfangsphase von der Neuentwicklung in den Markt überbrücken, bis das Produkt ausgereift ist und sich die Kosten für ein individuelles Stahlwerkzeug rechnet.
Hard-Tooling bestehen aus Werkzeugstahl und werden zum Gießen größerer Serien verwendet. Diese lohnen sich aufgrund der Kosten nur bei großen Produktionen.
Die Kosten des Werkzeugbaus
Je nach Spritzgusswerk können die Kosten erheblich variieren. Beim Hard Tooling können aufgrund der langen Entwicklung bis hin zur Serienreife mehrere 100.000 Euro veranschlagt werden, was sich nur bei Massenproduktionen rechnet. Für Soft-Tooling fallen für Entwicklung und Produktion zwischen 2.500 Euro und 25.000 Euro an. Am sinnvollsten ist die Kombination beider Werkzeugarten – Soft tooling für den Einstieg und Hard tooling für die Serienproduktion. Auf diese Weise werden nicht nur Kosten gespart, sondern auch mögliche Entwicklungsfehler beseitigt.
Generell gilt: Die Kosten für Spritzgusswerkzeuge beginnen bei einigen tausend Euro für einfache Teile und steigen auf mehrere Hunderttausend für große Serien mit hohen Qualitätsansprüchen an. 20 bis 40 % der Gesamtkosten werden durch die Werkzeugkonstruktion verursacht. Der teuerste Posten sind allerdings die Formeinsätze. Sie machen zirka 60 bis 90 % der gesamten Werkzeugkosten aus.
Spritzgusswerkzeug Narbung
Beim Spritzguss von Kunststoff ist es möglich, mit Narbungen zu arbeiten. Eine Narbung bezeichnet die Strukturierung einer Oberfläche. Das können sich wiederholende Höhenunterschiede oder Unterschiede in der Farbe sein. Sie können ebenfalls die Griffigkeit einer Oberfläche beeinflussen und ein visuelles Erscheinungsbild erzeugen. Spritzguss eignet sich daher gut für Werkzeugteile, die eine haptische Oberfläche brauchen.
Temperierung
Die Form auf eine bestimmte Temperatur gebracht werden, die auf Prozess und Material abgestimmt ist. So muss bei der Verarbeitung von Thermoplasten die Form kälter als die Schmelze sein, damit sie in der Form abkühlen und aushärten kann. Die Kühlung einer Form hat einen erheblichen Einfluss auf die Kosten des herzustellenden Serienteils. Je besser die Kühlung ist, desto kürzer ist die Zykluszeit.
Bei Elastomeren und Duroplasten muss das Spritzgusswerkzeug wärmer als die Formmasse sein. Nur so kann sich die Formmassen in der Form vernetzen.
Für die passende Temperierung werden häufig Bohrungen gleichmäßig und nah an die Formpartie in das Werkzeug eingebracht. Während der Herstellung der Spritzgussteile durchfließt ein flüssiges Medium, z. B. kaltes Wasser) das Werkzeug und sorgt auf diese Weise für die richtige Temperierung.
Durch die Werkzeug-Temperierung kann folgendes beeinflusst werden:
- Oberflächenbeschaffenheit des Spritzteils (z. B. Matt oder glänzend bei Al-Legierungen oder beim Kunststoffspritzteil)
- Zykluszeit und damit die Kosten des herzustellenden Spritzteils
- Schwundverhalten oder Teileverzug
- Lebensdauer des Werkzeugs
Sprizgusswerkzeuge aus Aluminium
Durch die höhere Wärmeleitfähigkeit des Aluminiums kommt es zu einer niedrigeren Temperatur an der Kavitätsoberfläche. Dies wirkt sich positiv auf die Zykluszeit und damit auf die Werkzeugkosten aus.
Darüber hinaus weisen die im Spritzgusswerkzeug aus Aluminium gefertigten Formteile einen wesentlich geringeren Verzug auf als die Teile aus der Stahlform. Hier wirken sich die niedrigeren Ausgangstemperaturen am Anfang des Zyklus’ und die schnellere Wärmeabfuhr des Spritzgusswerkzeugs aus Aluminium positiv aus. Damit weisen Spritzgusswerkzeuge aus Aluminium das größte Einsparpotenzial auf. Durch Spritzgusswerkzeuge aus Aluminium kann die Zykluszeit um fast ein Drittel gekürzt werden, was sich erheblich auf die Kosten der Herstellung auswirkt.
Die Kostenkalkulation
Die Kalkulation der Spritzgusswerkzeuge gliedert sich in mehrere Bereiche: Komplexität, Genauigkeit, Bauteilgröße und die Stückzahlen. Komplexe Teile mit umfangreichen Funktionen und vielen Details können eine aufwendige Werkzeugkonstruktion erfordern. Damit wird das Konzept der Formgestaltung und der Entformung komplex und damit auch der Werkzeugaufbau. Die Konstruktion und Herstellung der Formeinsätze, etc. können dann zirka 80 % der Werkzeugkosten ausmachen.
Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften von Kunststoffen müssen Ungenauigkeiten generell in Kauf genommen werden. Die Kunst bei der Kalkulation besteht darin, die Grenzen der Machbarkeit vorherzusehen und dies in die Kalkulation mit aufzunehmen. Denn meistens sind es Nacharbeiten und Reklamationen, die negativ zu Buche schlagen.
Auch die Bauteilgröße hat einen großen Einfluss auf die Kalkulation. Große Teile verlangen nach großen Werkzeuggestellen und größeren Bearbeitungsmaschinen. Neben den Werkzeugkosten müssen daher auch die Größe der Spritzgussmaschine und die Gesamtkosten der Produktion berücksichtigt werden. Je größer die Teile sind, desto höher sind die Fertigungskosten.
Ebenfalls großen Einfluss haben die Stückzahlen. Jedes Jahr werden zwischen 100 und vielen Millionen Teile hergestellt. Bei großen Serien (ab 10.000 pro Jahr) kann es profitabel sein, mehrere Teile gleichzeitig in mehrere Kavitäten zu spritzen. In diesem Fall wird die Werkzeugauslegung von einfach auf zweifach, vierfach, achtfach, etc. geplant. Auf diese Weise erlauben Massenproduktionen z. B. 128 Kavitäten in einem Werkzeug, bei einem Werkzeugteil, das mit 400 Millionen Stück jährlich hergestellt wird.
Fazit:
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