HSC Fräsen – Extrem schnell, extrem genau
Hochgeschwindigkeitszerspanung (HGZ) – oftmals auch mit dem englischen Kürzel HSC (High Speed Cutting) bezeichnet – ist eine intelligente Frästechnologie, die als Weiterentwicklung und zugleich Sonderform des CNC-Fräsens der Optimierung von Fräsbearbeitungen dient. Im Maschinenbau gewinnt HSC dabei seit einigen Jahren kontinuierlich an Bedeutung, das Einsatzspektrum erweitert sich stetig.
Gefragt ist HSC immer dort, wo besonders hohe Anforderungen an die Zeitspanleistung und die Oberflächenqualität gestellt werden und/oder wo ur- oder umformende Fertigungsverfahren aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen keine Alternative zur abtragenden Fertigung durch Fräsen oder Drehen bieten. Dazu zählen in erster Linie der Werkzeugbau, der Formenbau und der Prototypenbau. Aber auch Bauteile mit komplexen dreidimensionalen Strukturen und Kleinserien werden mittels HSC hergestellt. Einige Beispiele: 3D-Modelle im Originalmaterial für Funktionstests, Blasformen für Kunststoffflaschen mit definierter Füllmenge, Graphitelektroden und anderes Erodierzubehör für die Funkenerosion und Leichtbauteile für die Luftfahrtindustrie (hier kann herkömmliches Zerspanen bis zu 90 % der Gesamtbauteilkosten ausmachen).
HSC: So funktioniert`s
Das Prinzip: Spezielle HSC-Fräsmaschinen, die mit extrem hohen Werkzeugdrehzahlen und deutlich beschleunigten Vorschubgeschwindigkeiten arbeiten, ermöglichen – bei geringerer Spandicke – eine weitaus höhere Schnittgeschwindigkeit als bei normalen Zerspanungen. Dadurch können schnell und effizient hochpräzise Werkstücke von hervorragender Oberflächengüte gefertigt werden. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit und Genauigkeit einer HSC-Maschine sind dabei die Dynamik der Maschine sowie das Verhältnis zwischen Drehzahl und Vorschub.
Der Hintergrund: An konventionelle CNC-Fräsmaschinen werden hohe Leistungs- und Drehmomentanforderungen gestellt – bei entsprechend schnellem Verschleiß. Zudem begrenzt die hohe Wärmeentwicklung während des Schneidprozesses die Schnitt- und damit die Prozessgeschwindigkeit.
Dabei gilt: Je höher der Vorschubwert, desto höher ist die Belastung der Schneidkante. Eine höhere Produktivität geht somit mit einem schnelleren Werkzeugverschleiß einher. Beide Aspekte führen zu einem vergleichsweise niedrigen Zeitspanvolumen konventioneller CNC-Fräsmaschinen – ohne konstante Spandicke.
Wird jedoch die Belastung an der Schneidkante sowie die Reibungswärme reduziert, können die Vorschubwerte erhöht werden und damit auch die Produktivität.
Hier setzt HSC an.
Die Vorteile:
- konstante, dünnere Spandicke bei verbesserter Spanabfuhr
- geringere Eingriffs- und Umschlingungswinkel
- hohe Oberflächenqualität der Werkstücke ohne oder mit nur sehr geringer Nachbearbeitung durch weiche, tangentiale Werkzeugbahnen
- Bearbeitung dünnwandiger Werkstücke möglich
- Bearbeitung von gehärteten Materialien (bis 69 HRC) und von Sondermaterialien möglich
- geringere Temperatur während der Bearbeitung; kein Verzug durch Reibungswärme, da die durch das Zerspanen entstehende Wärme mit dem Span abgeführt wird
- erhebliche Reduzierung der Schneidkantenbelastung durch bis zu 30-mal geringere Schnittkräfte (Spandruck)
- deutliche höhere Produktivität durch 5- bis 10-mal höhere Vorschub- und Schnittgeschwindigkeiten
- reduzierte Durchlaufzeiten: bis zu 30 % höheres Zeitspanvolumen
- kürzere Bearbeitungszyklen (gesamter Fertigungsprozess); Programmieren des Prozesses direkt an der HSC-Maschine möglich
Die Nachteile:
- sehr hohe Sicherheitsanforderungen an den Arbeitsbereich, da aufgrund der stark erhöhten Drehzahlen ein erhebliches Verletzungsrisiko durch gegebenenfalls wegfliegende Bruch- oder Spanstücke besteht
- höherer Werkzeugverschleiß durch hohe Drehzahlen und hohe Kräftebelastung
- besondere Anforderungen an die HSC-Fräsmaschine:
- optimale Auswuchtung erforderlich aufgrund der einwirkenden extremen Kräfte
- Fräser aus feinkörnigem, beschichteten Vollhartmetall mit spezieller Schneidengeometrie erforderlich aufgrund der hohen Bearbeitungsgeschwindigkeit benötigen HSC-Maschinen spezielle Fräser
- zusätzliche Schneidstoffe erforderlich (meist polykristallines kubisches Bornitrid (PKB) oder polykristalliner Diamant (PKD))
- aufwändige Wartung und regelmäßiger Austausch der Arbeitsspindeln bzw. Motorspindeln erforderlich, da diese die Werkzeuge antreiben und die hohen Rotationsgeschwindigkeiten und die hohe Bearbeitungspräzision erst ermöglichen
Wichtig: HSC-Technologie ist nur mit geeigneter Software einsetzbar. Je nach Werkstück und Anwendung ist mindestens ein CNC-Programm, andernfalls ein CAD- oder CAM-Lösung erforderlich.
Die Software übernimmt für die Steuerung und Abbildung aller Arbeitsschritte des Fertigungsprozesses, beginnend bei Konvertierung des Prototypen oder Werkstücks in das passende Datenformat über die Vorbereitung der Fräsvorgangs und die eigentliche Prozesssteuerung bis zur Fertigstellung. In der Regel können dabei CAD-Daten verschiedener Dateiformate eingelesen und in 3D umgewandelt, bearbeitet und optimiert werden. Je nach Programm wird dabei automatisch die geometrische Machbarkeit des geplanten Prototyps bzw. das Werkstück überprüft.
Zudem kann eine HSC-Software den kompletten Fertigungsprozess simulieren, um mögliche Fehlerquellen vorab identifizieren und beseitigen zu können. Auch eine Prozessanalyse aus verschiedenen Blickwinkeln inklusive einer Einschätzung der voraussichtlichen Bearbeitungszeit ist darstellbar. Gegebenenfalls erforderliche oder gewünschte Messzyklen können in die Programmierung integriert werden. Im Ergebnis sind mit einer intelligenten HSC-Lösung optimale Taktzeiten realisierbar – ohne Qualitätseinbußen.
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