Additive Manufacturing – die Fertigung der Zukunft
In den 1980er Jahren wollte der US-amerikanische Maschinenbauingenieur Scott Crump mit Hilfe einer Heißklebepistole einen Spielzeugfrosch aus Polyethylen und Kerzenwachs für seine Tochter basteln – und erfand das Schmelzschichtungsverfahren, das heute gemeinhin als 3D-Druck bezeichnet wird. 1989 ließ sich Crump seine Technik als Fused Deposition Modeling (FDM) patentieren und gründete Stratasys Ltd., bis heute Marktführer im FDM. Wenige Jahre zuvor hatte sich Charles Hull, Mitgründer von 3D Systems, das erste Stereolithographieverfahren patentieren lassen, Carl Deckard meldete ein Patent für Selektives Lasersintern an. Auch wenn es noch einige Jahre dauerte, bis die technische Innovation auch kommerziell erfolgreich wurde – eine neue Industrie war geboren, die traditionelle Herstellungsverfahren revolutionieren sollte.
Heute gibt es ein breites Spektrum der additiven Fertigung – je nach Verwendungszweck und eingesetzter Technologie auch 3D-Druck, Rapid Prototyping, Rapid Tooling oder Rapid Manufacturing bzw. additive Manufacturing genannt –, das verschiedene werkzeugfreie, generative Produktionstechniken umfasst. Ursprünglich vor allem in der Herstellung von Musterstücken und Prototypen eingesetzt, sind aufgrund der anhaltenden Weiterentwicklung und zunehmenden Verfeinerung und Spezialisierung der verwendeten Werkstoffe und Fertigungsverfahren in den letzten Jahren beständig neue Verwendungen für die additive Fertigung hinzugekommen. Neben dem Bau von Prototypen und Formwerkzeugen werden heute Kleinserien von Bau- und Fertigteilen für Industrie und Verbraucher bis hin zu ganzen Serienproduktionen additiv gefertigt.
So kommen im Automobil- und Maschinenbau und der (kunststoffverarbeitenden) Industrie additive Fertigungsverfahren vor allem im Prototypenbau (Rapid Prototyping) und im Werkzeugbau (Rapid Tooling) zum Einsatz. In Architektur und Design, bei bestimmten Betonbauverfahren (Contour Crafting), in Luftfahrt, Raumfahrt und Bootsbau, in Medizin- und Zahntechnik wird dagegen auch in der Serienproduktion oder in der Maßfertigung von Einzelteilen auf additive Manufacturing zurückgegriffen. Auch bei der limitierten Reproduktion von Kunstwerken werden additive Verfahren verwendet.
Werkzeugfrei, materialsparend, schnell
Die additiven Verfahren sind sehr vielfältig und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Zu den derzeit verbreitetesten Technologien des additive Manufacturing zählen Fused Filament Fabrication (FFF) bzw. FDM, Stereolithographie (SLA), Multi-Jet-Modeling (MJM), Laminated Objekt Modeling (LOM) und Selektives Lasersintern/Laserschmelzen (SLS/SLM)
Typische Werkstoffe sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle, die geschmolzen und/oder gehärtet werden, bei LOM auch Papier. Eine Kombination verschiedener Materialien unterschiedlicher Härtegrade und Farben einem Fertigungsprozess ist möglich.
Grundsätzlich gilt: Ob winzig kleines oder riesig großes Werkstück, ob aus Kunststoff oder aus Metall, ob Prototyp oder Fertigteil – unabhängig von verwendetem Werkstoff und eingesetzter Verfahren gibt es einige grundlegenden Gemeinsamkeiten:
- Additive Fertigung ist generell werkzeugfrei. Die Entwicklung und Produktion aufwändiger und teurer Formwerkzeuge entfällt.
- Die Fertigung erfolgt rein computergesteuert auf Basis rechnerinterner Datenmodelle. Das bedeutet: Das 3D-CAD-Modell des zu fertigenden Werkstücks wird in Schichtdaten im .stl-Format umgewandelt und direkt an den 3D-Drucker oder einen anderen additiven Fabrikator übertragen.
- Das zu fertigende Werkstück wird dreidimensional schichtweise anhäufend durch einen chemischen oder physikalischen Prozess aus formlosen oder formneutralen Werkstoffen – Flüssigkeiten, Pulver, Bänder etc. – aufgebaut. Auch anspruchsvolle Gebilde, beispielsweise hochkomplexe architektonische Formen, die mit Formwerkzeugen nicht realisierbar wären, sind so möglich.
- Es entsteht weniger Materialverlust als bei abtragenden Verfahren – Drehen, Fräsen, Bohren, Schneiden etc. Bei manchen Verfahren muss nur exakt so viel Material zugeführt werden, wie für das endgültige Formteil notwendig ist. Bei anderen kann überschüssiges Material meist teilweise wiederverwertet werden.
- Einzelne Teile können je nach Komplexität innerhalb weniger Stunden bis weniger Tage gefertigt werden – ohne Vorlaufzeit, die über die Entwicklung und Optimierung der digitalen Vorlage hinausgeht.
Von der Datei zum Werkstück: das Grundprinzip der additiven Fertigung
Basis jeder additiven Fertigung, unabhängig von der verwendeten Rapid Technologie, ist ein 3D-CAD-Modell des zu fertigenden Prototyps, Bau- oder Fertigteils. Liegen die geometrischen Daten des Werkstücks nicht dreidimensional als Schichtdaten verarbeitet vor, ist die Verwendung additiver Verfahren nicht möglich. Die meisten CAD-Anwendungen verfügen daher über eine integrierte STL-Schnittstelle, die die Daten des Modells in die so genannte Surface Tesselation Language (STL) überträgt. Diese .stl-Dateien können direkt in ein additives Fertigungsverfahren umgesetzt werden.
Der Grund: Im .stl-Format wird das 3D-CAD-Modell in unterschiedliche, virtuelle Schichten oder Scheiben aufgeteilt – das so genannte Slicing –, deren jeweilige Oberfläche und geometrische Informationen Schicht für Schicht vom 3D-Drucker ausgelesen werden können. Diese Scheiben entsprechen dabei den in den einzelnen, additiven Prozessschritten aufzutragenden Materialschichten.
Eine weiterer Vorteil: Bei der Übertragung von CAD in .stl werden automatisch eventuell benötigte Stützkonstruktionen für große oder komplexe Teile berechnet. Und: Modifikationen sind direkt am Computer möglich, so dass auch in Serienfertigungen individuelle Anpassungen vorgenommen werden können, beispielsweise bei dem Bau von Gehäusen für Hörgeräte.
Nach dem Auslesen der .stl-Datei baut der 3D-Drucker oder eine anderer Rapid Fabrikator das Werkstück schichtweise in einem chemischen oder physikalischen Prozess auf. Je nach Verfahren wird ein flüssiger oder pulverförmiger Werkstoff gezielt mit UV-Strahlung oder Laser gehärtet. Oder ein fester Werkstoff wird geschmolzen, dosiert und erstarrt von selbst oder wird ebenfalls gehärtet. Derselbe Fertigungsprozess wird dabei so oft wiederholt, bis das fertige Wertstück entstanden ist.
Danach wird das Werkstück aus dem Fabrikator entfernt. Eventuell notwendige Stützkonstruktionen werden entweder mechanisch entfernt oder aufgeschmolzen. Letzteres ist oftmals in den additiven Fertigungsprozess integriert. Je nach Verwendungszweck und eingesetzter Rapid Technologie sind Nachbearbeitungen und Oberflächenveredelungen möglich und teils auch erforderlich, beispielsweise durch Sandstrahlen, Gleitschleifen, Gewindeschleifen, Galvanisieren/Metallisieren, Lackieren, Bedrucken und anderes mehr.
Die fünf gängigsten Verfahren des additiven Manufacturing im Überblick
Fused Deposition Modeling (FDM)
Fused Filament Fabrication – in der Regel als Fused Deposition Modeling (FDM) bezeichnet, ein Begriff, den jedoch der Marktführer Stratasys Ltd. weltweit als Marke hat schützen lassen und der daher nicht markenrechtsfrei zu verwenden ist – ist ein Schmelzschichtungsverfahren, das landläufig als 3D-Druck bezeichnet wird und die verbreiteteste und preisgünstigste, aber auch ungenaueste Technologie des additiven Manufacturing ist.
Die Zahl der 3D-druckbaren Werkstoffe ist breit und erweitert sich stetig. Häufigste Materialien sind schmelzfähige Thermoplaste wie Terpolymere (ABS) und Kunstharze wie Polylactide (PLA) bzw. Verbundstoffe. Sie werden in Drahtform, auf Spulen aufgewickelt – den so genannten Filamenten –, geliefert. Im Druckprozess werden die Filamente durch einen Extruder gleichmäßig in einen Heizblock befördert, dort aufgeschmolzen und über eine feine Düse schichtweise auf einen Bauplattform aufdosiert, wo sie abkühlen und erstarren. Nach dem Erstarren wird die nächste Schicht aufgetragen, bis das Objekt fertiggestellt ist.
Wichtig: Insbesondere beim Einsatz preisgünstiger 3D-Drucker ist eine Nachkalibrierung des Geräts während der Fertigung erforderlich. Ein einfaches „Plug-and-Print“ ohne Feinjustierung einzelner Komponenten führt oft zu qualitativ nicht zufriedenstellenden Ergebnissen mit starken Abstufungen, nachträglich schrumpfenden oder Wasser ziehenden Druckstücken. Zu hohe Druckgeschwindigkeiten führen ebenfalls zu Qualitätseinbußen.
Typische Schichtstärken von FFF-Teilen liegen zwischen 0,025 mm und 1,25 mm, Wandstärken von Hohlkörpern bei mindestens 0,2 mm. Bei größeren Bauteilen sind Stützkonstruktionen aus Pappe, Polystyrol oder anderen Materialien notwendig. Typische FFF-Werkstücke sind einfarbig, schwarz oder weiß. Je nach Materialwahl können chemikalien- oder hitzebeständige, flammwidrige, bruchsichere, wasser- und luftdichte Teile gedruckt werden. Nachbearbeitungen durch Fräsen, Schleifen, Bohren etc. und Oberflächenveredelungen wie Metallisierung, Lackierung oder Bedrucken sind möglich.
Die Vorteile: 3D-Drucker sind vergleichsweise günstig in Anschaffung und Betrieb und einfach zu bedienen, auch ohne technische Spezialkenntnisse. Einfache Teile lassen sich vergleichsweise schnell in großer Menge drucken. Die Materialvielfalt ist groß. Dabei sind die meisten der verwendeten Werkstoffe ungiftig und damit ebenfalls einfach in der Handhabung. Dem „Hausgebrauch“ von 3D-Druckern steht somit nichts entgegen. Insbesondere in der Fertigung von Einzelstücken, Repliken und Modellen für private Nutzer kann FFF punkten.
Aber: Die Auflösung ist relativ grob, die einzelnen Materialschichten sind sichtbar. Für glatte Oberflächen ist eine Nachbearbeitung notwendig. Für sehr kleine oder sehr komplexe Teile eignet sich FFF nicht. Auch für eine Serienfertigung von Werkstücken mit hohen Ansprüchen an die Maßhaltigkeit und geringen Toleranzen, also Abweichungen von der idealen Form, ist der 3D-Druck weniger geeignet. Hier sind präzisere additive Verfahren wie SLA oder sogar SLS/SLM die bessere Wahl.
Einfache Bauteile und Endprodukte lassen sich jedoch auch im industriellen Bereich über FFF fertigen. Und gerade für Bastler und DIY-Anhänger der Maker-Szence, Designer und Erfinder lässt sich FFF gewinnbringend einsetzen – für die dreidimensionale Visualisierung von Ideen, den Bau von Prototypen und Designmustern.
Stereolithographie (SLA)
Auch die Stereolithographie arbeitet mit Kunststoffen, in erster Linie mit flüssigen, lichtaushärtenden Photopolymeren wie Acryl-, Epoxid- oder Vinylesterharze. Das Verfahren ist schneller und präziser, aber weniger verbreitet und deutlich teurer der klassische 3D-Druck.
Bei der Stereolithographie wird flüssiges Epoxidharz in einer Kammer gesammelt und mit einem oder mehreren Lasern über stark gebündelte UV-Strahlung punktuell ausgehärtet. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis sich innerhalb des noch flüssigen Harzes ein Festkörper gebildet hat, der aus der Flüssigkeit herausragt. Das Werkstück wird dann innerhalb des Bades minimal abgesenkt – immer um die jeweilige Schichtstärke, die aufgetragen wird –, mit einer weiteren Schicht flüssigen Epoxidharzes übergossen und erneut gezielt bestrahlt. So entsteht stufenweise das (oder die) zu fertigende(n) Objekt(e).
Typische Schichtstärken liegen zwischen 0,05 mm und 0,25 mm, bei Mikrostereolithographien auch bis zu 0,001 mm. In der Stereolithographie wird in der Regel mit Stützkonstruktionen gearbeitet, die das Werkstück im Kunstharz-Bad fixieren. Sie bestehen in der Regel aus demselben Material wie das Werkstück und müssen nach Abschluss des Fertigungsprozesses mechanisch entfernt werden. Auch ist oftmals ein zusätzliches Aushärten des bereits fertiggestellten Teils in einem UV-Licht-Schrank erforderlich.
Die Vorteile: Die Stereolithographie ist eine etablierte, prozesssicheres Verfahren der additiven Fertigung mit einer großen Bandbreite verwendbarer Werkstoffe. Allerdings ist das Verfahren (noch) vergleichsweise hochpreisig, da nicht nur die Verbrauchsmaterialien teuer sind, sondern auch Anschaffung, Betrieb und Wartung der entsprechenden Anlagen. SLA-Teile kommen daher vor allem im industriellen Bereich beim Bau von Prototypen, Designmodellen und Funktionsbauteilen zum Einsatz. Für private Zwecke, beispielsweise zum Bau eines einzelnen Modells, ist das Verfahren in der Regel zu teuer.
Besonders weit verbreitet ist SLA in der Produktentwicklung im Maschinen- und Automobilbau sowie in der Medizintechnik. Aber auch Endverbraucherprodukte wie beispielsweise Hörgerätegehäuse werden zunehmend mittels Stereolithographie gefertigt. Der Grund: Das Verfahren ermöglicht die Fertigung filigraner Teile mit sehr glatter Oberfläche und erlaubt eine individuelle Modifikation direkt am Computer innerhalb einer Serienfertigung. Auch transparente Teile sind möglich.
Standardmäßig werden SLA-Verfahren zudem in der Fertigung von Urmodellen für Vakuumgussverfahren eingesetzt, da sie oftmals bessere mechanische Eigenschaften sowie eine höhere Temperaturstabilität und eine längere Maßhaltigkeit aufweisen als vergleichbare Silikonformen. Bei Kleinserien können SLA-Formen ein vollwertige Alternative zur herkömmlichen Formwerkzeugen darstellen – zu deutlich geringeren Kosten für Werkzeugentwicklung und Formenbau.
Multi Jet Modeling (MJM)
Multi Jet Modeling (MJM) ist eine Weiterentwicklung der Stereolithographie und kombiniert Verfahrensschritte aus FDM und SLA. Basis sind feste Kunststoffe und Kunstharze, meist niedrigschmelzende Thermoplaste und UV-empfindliche Acryl-Photopolymere, die gegebenenfalls mit Sand, Metall- und Glaspulver kombiniert werden können. Wie beim FDM wird der Werkstoff in fester Form zugeführt, aufgeschmolzen und dann in flüssiger Form über einen Druckkopf mit mehreren linear angeordneten Düsen – ähnlich wie bei einem Tintenstrahldrucker – auf eine Bauplattform aufgetropft. Danach wird das Material gewalzt und über UV-Strahlung ausgehärt. Dann folgt die nächste Schicht.
Die Vorteile des Multi-Jet-Modeling: Das Verfahren ist sehr genau – Details mit einer Auflösung von bis zu 450 dpi sind möglich. Die Oberflächengüte ist hoch, glatte Oberflächen sind realisierbar. Und eine parallele Fertigung verschiedener Bauteile ist möglich, so lange sie in ihren Größenabmessungen gleichzeitig auf die Bauplattform passen. Ein weiteres Plus: Sind Stützkonstruktionen für komplexe Geometrien notwendig, können diese aus niedrig schmelzendem Wachs erstellt werden. Somit entfällt die Notwendigkeit eines mechanischen Entfernens. Die Stützkonstruktion wird einfach durch Erhitzen beseitigt. Einige MJM-Geräte arbeiten zudem mit Zweikopfsystemen, die sowohl Werkstoff als auch Stützwachs dosieren können.
Aber: Multi Jet Modeling ist eine (noch) sehr teure und sehr langsame Fertigungsmethode und kommt derzeit nur für wenige industrielle Verwendungen in Frage.
Laminated Object Manufacturing (LOM)
Laminated Object Manufacturing (LOM) arbeitet anders als andere additive Manufacturing Methoden in der Regel mit Papier. Aber auch Folien aus Keramik, Kunststoffen oder Aluminium kommen zum Einsatz. Der Aufbau des zu fertigenden Werkstücks erfolgt, indem unterschiedlich große Papierstücke schichtweise aufeinander laminiert werden. Für jede neue Schicht wird die Bauplatte graduell abgesenkt, bis die letzte Schicht aufgebracht ist. Nicht benötigte Papierschichten verbleiben dabei aus Stabilitätsgründen bis zum Prozessabschluss auf der Bauplatte, werden mittels Laser, Heißdraht oder Messer quadratförmig zerschnitten und entfernt.
Anschließend wird das Werkstück gegen Feuchtigkeit versiegelt und je nach Verwendung geschliffen, gespachtelt oder lackiert. Die Nachbearbeitung kann manuell oder maschinell erfolgen. Für eine höhere Stabilität und Temperaturbeständigkeit ist auch eine Infiltration von Epoxidharz möglich. Typische Schichtstärken liegen zwischen 0,011 mm bis 0,015 mm, bei Wandstärken von Hohlkörpern ab 2 mm.
Die Vorteile: LOM ist eine relativ günstige additive Fertigungsmethode für Prototypen vergleichsweise geringer Komplexität. Die Technik ist einfach. Stützstrukturen sind nicht notwendig. Aber: Die Nachbearbeitung ist durch die aufwändige Entfernung überschüssigen Materials zeitintensiv.
LOM-Teile werden überwiegend im industriellen Bereich eingesetzt, insbesondere in Gießereien. So lassen sich mittels LOM Urmodelle für Silikonformen sowie Formwerkzeuge für Vakuumtiefziehen, Gießen mit Gießharzen und – als Alternative zu Holzformen – für die Sandgussfertigung herstellen. Aber auch Design- und Konstruktionsentwürfe werden mit LOM gefertigt.
LOM zählt zu den jüngeren Rapid Technologien und wird beständig weiterentwickelt. Insbesondere im Leichtbau, aber auch im Werkzeugbau eröffnen dabei neue Werkstoffe wie Glasfiber-Keramik-Verbundmaterialen kontinuierlich neue Perspektiven und Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens – ein Prozess, der sich noch Jahrzehnte fortsetzen wird.
Selektives Lasersintern (SLS) / Selektives Laserschmelzen (SLM)
Beim Selektiven Lasersintern (SLS) werden aus pulverförmigen Thermoplasten wie Polycarbonat, Polyamid und Polyvinylchlorid, aus Elastomeren und Nylon sowie pulverförmigen Metallen wie Titan, Aluminium oder Mehrkomponenten-Metallpulver maßhaltige Werkstücke hoher Bauteilgüte additiv gefertigt. Noch in der Entwicklung befindet sich das Lasersintern keramischer Pulver beispielsweise zur Herstellung hochwertigen Zahnersatzes.
Beim Selektiven Lasersintern wird der Werkstoff in einer Kammer – ähnlich wie bei der Stereolithographie – gesammelt und mittels Laser punktuell so stark erhitzt, dass es sich benachbarte Partikel verbinden (Sintern). Ist eine Schicht vollständig aufgebaut, senkt sich die Bauplattform in der Kammer ab und der Prozess wird wiederholt, bis das fertige Werkstück entstanden ist. Da die Bearbeitung in vertikaler Richtung erfolgt, sind auch Hinterschnitte möglich.
Ähnliche additive Verfahren sind das Selektive Laserschmelzen (SLM, nur Metalle), bei dem das Pulverbett bis knapp unter Schmelztemperatur erhitzt wird und einzelne Metallpartikel per Laserstrahl lokal verschmolzen werden, und das Selektive Elektronenstrahlschmelzen (SEBM), das anstelle des Lasers einen Elektronenstrahl verwendet und das additive Fertigung sogar mit hochfesten Werkzeugstählen ermöglicht.
Selektives Lasersintern und Selektives Laserschmelzen kommen nahezu ausschließlich in der Industrie zum Einsatz, da die Verfahren kosten- und zeitintensiv sind. Der maschinelle Aufwand ist hoch, die Fertigung erfordert umfassende Fachkenntnisse der Technik und der verwendeten Werkstoffe. Zudem können die Prozesszeiten je nach Komplexität des Bauteils einige Stunden bis mehrere Tage in Anspruch nehmen. Typische Verwendungen sind der Prototypen- und Werkzeugbau, aber auch Serienfertigungen von Bauteilen und Endprodukten in der Luft- und Raumfahrt, im Automotive Bereich, im Maschinen- und Werkzeugmaschinenbau sowie in der Medizintechnik. Daneben werden hochwertige Kunstobjekte und originalgetreue Repliken mittels SLS hergestellt.
Die Vorteile: SLS-/SLM-Teile sind sehr hochpreisig, aber auch sehr hochwertig, weitgehend riss- und porenfrei. Sie sind dabei verfahrensbedingt leicht porös, aber nicht spröde, und können metallisiert, geschliffen, gefärbt oder anderweitig oberflächenveredelt werden. Die sichtbaren Abstufungen der einzelnen Materialschichten, die für Werkstücke anderer additiven Manufacturing Verfahren und insbesondere den 3D-Druck/FDM typisch sind, treten hier jedoch nicht auf. Zudem entfallen die bei anderen additiven Fertigungsverfahren meist notwendigen Stützkonstruktionen. Das umgebende Pulver stützt das Werkstück während seiner Entstehung. Verbleibendes Material kann teilweise im nächsten Fertigungsprozess wieder verwendet werden.
In ihren mechanischen Materialeigenschaften sind SLS- und SLM-Teile aufgrund ihrer hoher Bauteildichte klassischen Gussteilen vergleichbar, punkten aber zusätzlich mit freieren Geometrien: Mittels selektivem Lasersintern lassen sich Bauteile oder Endprodukte herstellen, die mit herkömmlichen Formwerkzeugen im Kunststoff- oder Metallguss oder konventionellen Metallbearbeitungstechniken wie Fräsen, Drehen und Schneiden nicht realisierbar wären.
Ein weiteres Plus: In der Serienfertigung lassen sich Endprodukte auch in kleineren Losgrößen differenzieren, ohne dass ein neues, teures Formwerkzeug entwickelt und hergestellt werden muss. Änderungen müssen nur im Computermodell erfolgen und werden direkt übertragen. Ohne additive Fertigungsverfahren wäre diese Individualisierung von Endprodukten unbezahlbar. Hierzu zählen unter anderem medizinische Anwendungen wie Prothesen oder Implantate.
Eine kurze Zusammenfassung in Form eines PDF der Verfahren mit Beispiel ROI Rechnung finden Sie auf der Seite des süddeutschen Kunststoff-Zentrums.
Rapid Technologie – ja oder nein: Welches additive Fertigungsverfahren ist sinnvoll für welchen Verwendungszweck?
In den vergangenen Jahrzehnen haben sich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Produkte erheblich verändert. Hatte man früher teilweise mehrere Jahre Zeit, um ein Produkt zur Marktreife zu führen, sind die Entwicklungszyklen heute auf wenige Monate oder gar Wochen geschrumpft. Zudem prägen ein starker Wettbewerb und ein hoher Kostendruck bei steigenden Qualitätsanforderungen den Weg von der Idee zum markfähigen Produkt. Hier setzen im Prinzip alle Rapid Technologien an, unabhängig davon, auf welchem additiven Fertigungsverfahren sie im Einzelnen aufbauen. Die Vorstellung, mit 3D-Druck und Co. schnell, einfach und günstig ohne Werkzeug fertige Produkte zu produzieren, entspricht jedoch nicht ganz den Tatsachen und überschätzt und verkennt zugleich die Potentiale additiver Fertigungsverfahren.
Wie alle anderen Fertigungstechnologien bewegen sich auch die additiven Verfahren im Spannungsfeld zwischen Stückzahl, Qualitätsanspruch und Wirtschaftlichkeit. Nicht alles was technologisch machbar ist, ist auch wirtschaftlich sinnvoll. Aus allen verfügbaren Verfahren gilt es, das kostengünstigste auszuwählen – mit möglichst geringen Abstrichen an der Maßhaltigkeit und der Belastbarkeit des zu fertigenden Werkstücks.
Im Vorfeld sind folgende Fragen zu klären:
Für welchen Verwendungszweck wird das geplante Werkstück benötigt?
Rapid Prototyping:
Soll das Werkstück in erster Linie als Messemuster, plastisches Anschauungsobjekt oder erster Prototyp in der Frühphase eine Produktentwicklung dienen? Oder handelt es sich um einzelnes Objekt für den privaten Gebrauch?
Dann ist ein 3D-Druck-Verfahren, in der Regel das FDM oder SLA Verfahren, die erste und oft richtige Wahl. Herkömmliche, abtragende Herstellungsverfahren wie Fräsen, Drehen oder Schleifen können hier aus Zeit- und Kostengründen nicht überzeugen.
Soll das Werkstück bereits die Materialeigenschaften des zu fertigenden Bauteils oder Endprodukts aufweisen? Ist ein Einsatz des Prototyps in Markt- oder Langzeittests – wichtig insbesondere im medizinischen Bereich – geplant? Dann scheiden bestimmte additive Verfahren wie FDM oder LOM grundsätzlich aus, da die Materialauswahl begrenzt und damit bestimmte mechanische Charakteristika nicht darstellbar sind. Grundsätzlich kann der Einsatz von einer additiven Fertigung aber auch hier wirtschaftlich und technisch sinnvoll sein, da sie die Möglichkeit bieten, mit überschaubaren Aufwand funktionsfähige Prototypen bereits in der Planungsphase zu fertigen und zu optimieren. Welches additive Fertigungsverfahren in Frage kommt oder ob beispielsweise auf Kunststoffschnellspritzguss mit Hilfe von Formwerkzeugen aus Aluminium (Soft Tools) zugegriffen werden muss, um bestimmte Qualitätsanforderungen zu erfüllen, hängt vom benötigten Werkstück ab.
Rapid Tooling:
Wird ein Formwerkzeug beispielsweise für den Kunststoffspritzguss benötigt? Dann lohnt in jedem Fall der Blick auf eine mögliche additive Fertigung der endgültigen Form oder zumindest des Prototyps. Denn der traditionelle Werkzeug- und Formenbau ist zeit- und kostenintensiv. Additiv gefertigte (Ur)Formen für Kunststoff- und Metallguss bieten hier eine höhere Entwicklungsgeschwindigkeit und bessere Modifikationsmöglichkeiten bei niedrigeren Entwicklungs- und Fertigungskosten des Werkzeugs. Nicht zuletzt zählt das Rapid Tooling – der schnelle Werkzeugbau – zu den noch jungen Feldern der Rapid Technologien, aber auch zu denen mit dem größten Potenzial.
Rapid / additive Manufacturing:
Endprodukte und Serienproduktion aus additiver Fertigung? Eine gute Wahl – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Nicht jedes Teil eignet sich für die so genannte schnelle Fertigung. Hunderttausende identischer Kunststoffteile lassen sich beispielsweise wirtschaftlicher und verlässlicher in klassischen Spritzguss herstellen. Und manche mechanischen Eigenschaften, bestimmte Anforderungen an Maßhaltigkeit und Toleranzen lassen sich mit den für additive Fertigungsverfahren nutzbaren Werkstoffen noch nicht immer erfüllen.
Wenn jedoch …
- in Kleinserien zeitgleich verschiedene Gestaltvarianten erforderlich sind, beispielsweise im Automobilbau oder in der Medizintechnik
- konstruktive Gestaltungsfreiheit gewünscht ist, beispielsweise bei Leicht- oder Hybridbauweisen ,
- die geometrische Formenwahl ohne Rücksicht auf die Entformbarkeit des Werkstücks getroffen werden soll,
- die Prozessgeschwindigkeit – Entwicklungszeit plus Aufbauzeit – von Bedeutung ist
- Änderungen am Werkstück schnell umsetzbar sein müssen,
- kurzfristig abrufbare, individuelle Ersatzteile, beispielsweise im Flugzeugbau, benötigt werden,
- wenn direkt aus 3D-CAD-Dateien dezentral Bauteile oder andere Produkte gefertigt werden sollen (das so genannte Cloud Producing),
ist additive Manufacturing eine sinnvolle, zunehmend eingesetzte und mitunter auch die einzig mögliche wirtschaftliche Fertigungsvariante der Gegenwart und vor allem der Zukunft.
Wie viel Zeit steht für die Fertigung zur Verfügung?
Grundsätzlich gilt: Je kürzer der zur Verfügung stehende Zeitraum für Entwicklung und Fertigung, desto sinnvoller lässt sich additiv Manufcatoriing einsetzen. Bei additiven Fertigungsverfahren überschreitet zwar die Herstellungsgeschwindigkeit einzelner Bauteile maßgeblich die massengefertigter Teile.
Betrachtet man jedoch die Gesamtprozessdauer inklusive Werkzeugentwicklung, -konstruktion, -bau und -optimierung, liegen Rapid Technologien in der Regel erheblich unter dem zeitlichen Aufwand, der im Werkzeug- und Formenbau anfällt. Je nach Verfahren und Komplexität des Werkstücks vergehen von der Bereitstellung der 3D-CAD-Datei bis zum fertigen Teil wenige Stunden bis zu einer Woche.
In welchem Preisrahmen darf sich die Fertigung bewegen?
Additiv Manufacturing ist – abgesehen vom 3D-Druck für den Hausgebrauch – noch teuer. Noch teurer ist aber in der Regel der herkömmliche Werkzeug- und Formenbau bis zur Serienreife eines Werkzeugs. Plant man keine Massenproduktion, sind daher additive Fertigungsverfahren nahezu immer die wirtschaftlichere Lösung – wenn die erforderlichen Produkteigenschaften technisch darstellbar sind.
Welche Materialeigenschaften sind zwingend erforderlich?
Grundsätzlich gilt: Die für additive Fertigungsverfahren zur Verfügung stehende Werkstoffe sind begrenzt. Manche Materialeigenschaften und bestimmte Maßhaltigkeiten sind daher nicht oder nicht mit jedem Verfahren darstellbar. Anderseits sind Rapid Technologien alternativlos bei bestimmten geometrischen Strukturen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht zu realisieren sind. Dasselbe gilt für die individualisierte Serienfertigung, bei der eine Grundform kontinuierlich modifiziert wird. Sie lässt sich mit herkömmlichen Formwerkzeugen nicht umsetzen, da für jede Anpassung eine neue Form mechanisch hergestellt werden müsste. Bei der additiven Fertigung genügt die Anpassung des 3D-CAD-Datei.
Wie viele gleichartige Werkstücke werden benötigt (Stückzahl)? Sind Individualisierungen geplant?
Die geplante Losgröße in Verbindung mit der Aufbaugeschwindigkeit der eingesetzten additiven Fertigungstechnologie ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines Fertigungsverfahrens. Im Gegensatz zu urformenden und umformenden Verfahren dabei die Wirtschaftlichkeit von Rapid Technologien mit steigender Bauteilgeometrie.
Rein auf die Stückzahlen heruntergebrochen, rechnet sich eine additive Fertigung in der Regel bei einer jährlichen Produktion von bis zu 1.000 Teilen, vorausgesetzt die erforderlichen Produkteigenschaften lassen sich mit den verfügbaren Werkstoffen darstellen. Bei einem Produktionsvolumen von über 100.000 Stück pro Jahr ist dagegen die klassische Massenproduktion mit Hilfe von Formwerkzeugen aus Werkstahl die wirtschaftlich sinnvollste Variante, da nur sie die erforderliche Fertigungsgeschwindigkeit und Wiederholungsgenauigkeit bei gleichbleibender Qualität in großen Menge und zu überschaubaren Stückpreisen gewährleisten kann.
Sollen zwischen 1.000 und 100.000 Teile jährlich gefertigt werden, hängt die Entscheidung stark von der erforderlichen Maßhaltigkeit und Komplexität des Werkstücks ab. Grundsätzlich gilt: Je komplexer und geometrisch anspruchsvoller das Werkstück, desto eher lohnt sich eine additive Fertigung. Je höher die Anforderungen an Maßhaltigkeit und mechanische Produkteigenschaften, desto sinnvoller ist der konventionelle Weg. Eine Ausnahme bilden individualisierte Serienfertigungen beispielsweise in der Medizintechnik, bei denen Standardprodukte kontinuierlich modifiziert werden, beispielsweise bei Gehäusen für Hörgeräte. Diese Individualisierungen lassen sich nur mittels agilem additiv Manufacturing wirtschaftlich darstellen.
Wichtig: Da sich die Verfahren des additiv Manufacturing ständig weiterentwickeln, können die genannten Werte nur eine Orientierungshilfe sein.
Zu guter Letzt – Ein Fazit
Additive Technologien sind aus der heutigen Industrie und auch aus dem privaten Bereich nicht mehr wegzudenken. Sie haben sich ausgehend vom schnellen Prototypenbau zu einem Eckpfeiler des industriellen Fortschritts entwickelt – eine Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist. In einigen Bereichen stehen additiv gefertigte Produkte bereits im direkten Wettbewerb mit herkömmlich gefertigten Teilen. Ein Verdrängungsprozess zugunsten der additiven Manufacturing ist hier zu erwarten, für andere Verwendungen wiederum sind sie zu ungenau, zu langsam und zu teuer. Grundsätzlich ergänzen sich additive und abtragende Fertigungsverfahren jedoch – entlang der Prozesskette im Produktentwicklungszyklus, aber auch indem sie Konstruktionsstrategien und Produktinnovationen ermöglichen, die zuvor technisch nicht umsetzbar waren. Welches Verfahren das wirtschaftlich und technisch sinnvollste ist, zeigt immer nur der Blick auf den Einzelfall.
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